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    2.1 Der Begriff der Märchen

    Im Unterschied zur Legende und Sage sind Märchen frei erfunden. Und ihre Handlung ist weder zeitlich noch örtlich festgelegt. Allerdings ist die Abgrenzung vor allem zwischen mythologischer Sage und Märchen unscharf, beide Gattungen sind eng verwandt. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Märchen Dornröschen, das etwa von Friedrich Panzer als märchenhaft ‚entschärfte‘ Fassung der Brünnhilden-Sage aus dem Umkreis der Nibelungensage betrachtet wird. Dabei kann man die Waberlohe als zur Rosenhecke verniedlicht und die Nornen als zu Feen verharmlost ansehen.

    Charakteristisch für Märchen ist unter anderem das Erscheinen phantastischer Elemente in Form von sprechenden und wie Menschen handelnden Tieren, von Zaubereien mit Hilfe von Hexen oder Zauberern, von Riesen und Zwergen, Geistern und Fabeltieren; gleichzeitig tragen viele Märchen sozialrealistische oder sozialutopische Züge und sagen viel über die gesellschaftlichen Bedingungen, z. B. über Herrschaft und Knechtschaft, Armut und Hunger oder auch Familienstrukturen zur Zeit ihrer Entstehung, Umformung oder schriftlichen Fixierung aus. Nach der schriftlichen Fixierung der Volksmärchen setzt eine mediale Diversifikation ein (Bilder, Illustrationen, Übersetzungen, Nacherzählungen, Parodien, Dramatisierungen, Verfilmungen, Vertonungen usw.), die nun an die Stelle der mündlichen Weitergabe trat. Insofern ist die ‚Rettung‘ der Märchen etwa durch die Brüder Grimm zwar einerseits begrüßenswert, aber andererseits setzt dies auch der mündlichen Weitergabe eines mono-medialen Texttyps ein jähes Ende.源:自*751~·论,文'网·www.751com.cn/

    2.1.1 Ursprung der Märchen

    Märchen sind sehr alt und reichen weiter als alle anderen literarischen Formen in der Menschheitsgeschichte zurück; sie können nach verschiedenen Typen klassifiziert und versuchsweise verschiedenen Zeitaltern zugeordnet werden. Zu den ältesten Märchen gehören die Zaubermärchen. Sie weisen Erzählstrukturen auf, wie wir sie auch aus antiken griechischen und lateinischen Mythenerzählungen kennen (Götter- und Heldensagen), deren Erzählmaterial ebenfalls weit vor den Gebrauch der Schrift als Überlieferungsweg zurückreicht.

    In den Schriftzeugnissen aller frühen Hochkulturen finden sich märchenhafte Züge, so bereits im Gilgamesch-Epos, das Motive enthält, die auch in Märchen vorkommen. Das alte Ägypt war reich an Zauber- und Tiergeschichten. Indien wird eine vermittelnde Rolle zwischen den Erzähltraditionen Asiens und des Vorderen Orients zugeschrieben. Allzu vereinfachende Thesen wie die von Benfey, die europäischen Märchen seien indischen Ursprungs, gelten jedoch als überholt, da sich identische Märchenmotive in extrem weit auseinander liegenden und einander ganz fremden Kulturen finden. Gerade dieser Umstand ist eine der faszinierendsten Beobachtungen in der Märchenforschung. Carl Gustav Jung, ein Schweizer Psychiater und der Begründer der analytischen Psychologie, versuchte, das mit der Annahme eines „Kollektiven Unbewussten “der Menschheit zu erklären. Ebenso überholt sind die Thesen von Bruno Bettelheim, dass es sich bei Märchen ursprünglich stets um Geschichten für Kinder gehandelt habe, die zeitlos seien und in allen Gesellschaften erzählt und verstanden werden könnten. Tatsächlich beziehen sie sich immer auch deutlich auf soziale Realitäten in ihren Entstehungskontexten, auch wenn Motive von Land zu Land entlehnt wurden.

    2.2 Die Märchen vom 17. Jahrhundert

    In Frankreich wurde die erste Märchensammlung 1697 von Charles Perraults Histoires ou Contes du temps passé avec des moralités( Französish. Die Gechichte von Mutter Gans) angelegt und der Ausdruck „contes de fée“(Feengeschichten) geprägt, von dem sich das englische „fairy tales“ ableitet. Das Element des Zauber- und Fabelhaften tritt hier schon in der Namensgebung zum Vorschein. Es sind jedoch nicht nur Zauberwesen (göttlichen oder teuflischen Ursprungs), welche die Märchenwelt so phantastisch machen, sondern auch Gegenstände mit magischer Wirkung, die den Märchenhelden von großem Nutzen sind - offenbar ein Erbe der keltischen Mythologie - oder das Verzaubertwerden in ein Tier, eine Pflanze, deren Symbolgehalt man hinterfragen kann. Desgleichen spielen hin und wieder Versteinerungen eine Rolle, die sich ebenso tiefen psychologisch deuten lassen wie die Erlösung durch die Tränen eines mitfühlenden Menschen.

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